Inzwischen sollte jeder halbwegs Informierte mitbekommen haben, dass hinter der DNS-Sperre mehr als nur ein lahmer Versuch steckt, Kinderpornografie zu verhindern. Frau von der Leyen installiert hier ein System zur staatlichen Zensur der Surfgewohnheiten der deutschen Bürger.
Noch soll sich die Liste der gesperrten Domains auf Kipo beschränken, doch schon werden Rufe aus der Musik- und Filmindustrie laut auch den Zugriff auf die P2P-Linkseiten (z.B. Pirate Bay) zu verhindern. Dann kommen sicher auch bald gewaltverherrlichende Webseiten oder ausländische Glücksspielseiten (etwa pokerstars.net) auf den Index. Von hier ist es dann nur noch ein kurzer Schritt einfach unliebsame Seiten mit fadenscheinigen Argumenten auf die Liste zu setzen.

Bin ich paranoid? Nein, wie ein Artikel vom Heise-Verlag zeigt. Hier heisst es: "Vor diesem Hintergrund machte jüngst die Kinderschutzorganisation Carechild ein aufschlussreiches Experiment. Sie verwendete dazu 20 Adressen aus der im Netz aufgetauchten dänischen Sperrliste. 17 der Seiten waren in den USA gehostet, jeweils eine in den Niederlanden, Südkorea und England. Carechild schrieb an die Abuse-Mail-Adressen der Hostingprovider und bat um Entfernung der Inhalte. Das Ergebnis: acht US-amerikanische Provider haben die Domains innerhalb der ersten drei Stunden nach Versand der Mitteilung abgeschaltet. Innerhalb eines Tages waren 16 Adressen nicht mehr erreichbar, bei drei Websites teilte der jeweilige Provider laut Carechild glaubhaft mit, dass die Inhalte nach augenscheinlicher Prüfung keine Gesetze verletzen oder der Betreiber für die abgebildeten Personen entsprechende Altersnachweise vorlegen konnte.

Geht man davon aus, dass die Inhalte zuvor längere Zeit auf der Sperrliste standen, führt dieses Experiment die Argumentation des Familienministeriums ad absurdum: Die dänischen Strafverfolgungsbehörden setzten anscheinend illegale Inhalte lieber auf eine Sperrliste, als sich darum zu bemühen, sie aus dem Netz zu verbannen. So sind die Inhalte für den unbedarften Teil der Bevölkerung vielleicht nicht mehr sichtbar, aber für die Pädokriminellen umso besser und länger."

Kinderporno wären also effektiver und nachhaltiger zu verhindern, würde man auf die Provider zugehen und die Seiten direkt löschen lassen.
Erstaunlich auch die Fähigkeit der Ministerin sämtliche Argumente gegen diese DNS-Sperre einfach wegzuwischen. Zu offensichtlich ist inzwischen, wozu diese Regelung durchgesetzt werden soll.

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Die Argumente für Kinderporno-Sperre laufen ins Leere (Heise)
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